Frischer Wind (Apostelgeschichte 2,1-4)
Pfingstgottesdienst am 23.5.2021 in Brombach

Liebe Gemeinde,
letztes Jahr zu Pfingsten hatten wir eine ganz besondere Dekoration in der Kirche vorbereitet. Karten mit Wiesen-Motiven lagen auf den Kirchenbänken, auf dem Abendmahlstisch blühte eine Wiese, und an den Wänden hingen ebenfalls Bilder von Löwenzahn, Pusteblumen und Gänseblümchen. Doch wir hatten nicht mit dem Wetter gerechnet. Pandemiebedingt waren alle Fenster und Türen geöffnet, und ein starker, kalter Wind fegte durch den Gottesdienstraum. Die Karten machten sich selbstständig, und die Gemeinde saß in einem ungemütlichen, gar nicht frühlingshaft-gemütlichen Durchzug. So stellten wir uns das Pfingstfest nicht vor, vom Winde verweht, frierend und am Ende des Gottesdienstes mit steifem Nacken.

Doch genau so war es beim ersten Pfingstfest in Jerusalem. Wir lesen nicht von einem gemütlichen Beisammensein, sondern von einem frischen Wind, der alles durcheinanderbrachte. 

Heute können wir wieder dieses originale Pfingstfest miterleben und uns dabei fragen, was es für uns heute bedeutet. Gilt dieser frische Wind auch uns? Was bringt er Neues?

Die Apostelgeschichte beginnt mit Jesu Himmelfahrt. Jesus gibt seinen Jüngern mit: „Bleibt in Jerusalem. Ihr werdet die Kraft des Geistes Gottes empfangen.“ So taten es die Nachfolger und Nachfolgerinnen, sie hatten im ehemaligen Abendmahlszimmer in Jerusalem ihr Standquartier und beteten. Was waren wohl Inhalte ihrer Gebete? Ich kann mir vorstellen, sie erinnerten sich an das Gebet, das Jesus sie gelehrt hatte, das Vaterunser. Sie beteten darum, dass Gott sich sichtbar machte, sein Reich baute. Sie beteten für die nächsten Schritte, das tägliche Brot. Sie beteten für ihre Gemeinschaft, Vergebung war eine ständige Aufgabe. Sie beteten um Standhaftigkeit mitten in dieser bedrängenden Lage des Versteckens und Ausharrens. Die Versuchung war doch groß, einfach alles hinter sich zu lassen und ins alte Leben zurückzukehren. Sie öffneten im Gebet ihr leeren Hände und erwarteten, dass Gottes Geist sie füllte. Denn Jesus hatte diese Geistkraft angekündigt, die ihnen Jesus nahebringen, ihnen neue Kraft und Lebensfreude, ja auch Trost schenken würde. Sie hofften, dass der Geist Gottes wie ein Navi in ihr Herz einziehen würde, um ihnen einen inneren Kompass zu geben.

Waren diese Bitten nur damals akut, oder halten wir nicht genauso unsere leeren Hände Gott hin? Und sehnen wir uns nicht auch nach Lebenskraft, echter Gemeinschaft und einem inneren Kompass? Dieses Gebet ist beste Voraussetzung, um Hinweise des Heiligen Geistes zu verstehen, wie wir an den Jüngern damals sehen.

Apostelgeschichte 2,1-4
Dann kam der Pfingsttag. Alle, die zu Jesus gehört hatten, waren an einem Ort versammelt. Plötzlich kam vom Himmel her ein Rauschen wie von einem starken Wind. Das Rauschen erfüllte das ganze Haus, in dem sie sich aufhielten. Dann erschien ihnen etwas wie züngelnde Flammen.
Die verteilten sich und ließen sich auf jedem Einzelnen von ihnen nieder. Alle wurden vom Heiligen Geist erfüllt. Sie begannen, in fremden Sprachen zu reden – ganz so, wie der Geist es ihnen eingab.

Viele Fremde waren in der Stadt zu Beginn des Wochenfestes. Da wurden die Anhänger vom himmlischen Wind durchweht. Von Feuer ist die Rede, das auf die Jünger fiel. Sie wurden von diesem Geist entbrannt, wie unter Strom gesetzt. Es war wohl keine gemütliche Erfahrung auf dem Sofa unter der Kuscheldecke, sondern riss sie heraus aus ihrem Zimmer auf die Straße, trieb sie zum Reden in Sprachen, die sie nie gelernt hatten. Ihre leeren Hände wurden gefüllt. Jesus war spürbar mit ihnen. 

Ihre Alltagsprobleme waren damit nicht gelöst. Ihr Budget für Essen und Trinken wird immer noch eng gewesen sein, keine Golddukaten fielen vom Himmel, aber sie wussten sich in Jesu Bewegung mitgenommen. Sie fühlten sich ihm erstaunlich nahe und konnten vertrauen, dass er für sie sorgen würde.

Andere wurden von ihrem Feuer angesteckt, verstanden, was die Jünger ihnen erzählten, und blieben stehen, als Petrus anfing zu predigen. Etwas wurde offenbar in ihnen berührt, was sie an ihre ganz individuell leeren Hände erinnerte.

Ich wäre gerne bei den Leuten auf der Straße dabei gewesen. Ich höre eigentlich Straßenpredigern nie zu, gehe schnell vorbei. Aber es gibt Zeiten, da sehne ich mich danach, Fußspuren Jesu zu erkennen und bin besonders sensibel für seine Zeichen. Den Leuten auf der Straße ging es wohl auch so. Sie wurden berührt, weil sie in ihrer Muttersprache angeredet wurden. Sie wurden abgeholt, weil sie den frischen Wind spürten. Sie wurden angezogen, weil diese Prediger eine Freude ausstrahlten, die sie ansteckte.

Die Pointe dieses Berichtes ist, dass Petrus Predigt die Menschen mitten ins Herz traf. Wer die lange Predigt des Petrus in der Bibel nachliest, wird verwundert sein, dass solche Worte so berühren. Petrus redete ausschließlich von Jesu Verankerung in der Geschichte Israels und seinem Tod am Kreuz. Man hat eher den Eindruck, er hielt eine Vorlesung in einem theologischen Seminar als eine Straßenpredigt. Aber der Inhalt war wohl gar nicht so entscheidend, sondern der Heilige Geist selbst erfasste die Menschen. 

Stellen wir uns die Leute als Gitarren vor, dann spielte der Heilige Geist auf den Saiten ihrer Seele Melodien der Herzen. Er gab Antwort auf ihre ganz persönlichen Lebensfragen und Lebensthemen. Er brachte Jesus in ihr Leben, schuf Solarzellen, die Jesu Licht aufnahmen und in Energie umwandelten. 
3000 Menschen kamen zum Glauben, ließen sich taufen und bildeten kleine Gemeinden. In den Gemeinden unterstützten sie sich, um Jesus in ihrer Mitte zu erleben und ihn andere spüren zu lassen.

Pfingsten heute
Wir können uns in die Schar der Straßenleute einreihen und uns von Gottes Wind berühren lassen. Der Wind kann uns in alle möglichen Richtungen wehen, auch neue, die wir nicht vermuten. Wie sich Pfingsten in der ersten Gemeinde in Jerusalem auswirkte, kann uns Anregung sein:

  • Gott loben: Immer wieder kommen wir in unseren Gesprächen auf das, was uns gerade fehlt, worunter wir leiden, wie schwierig gerade das Leben ist. Der Heilige Geist befähigt uns, den Blick über unseren Alltag zu heben und wahrzunehmen, wofür wir – trotz allem – dankbar sein können. Wir sind mit Gott verbunden, wir sind bei Jesus im Team, und zu ihm können wir immer als Mühselige und Beladene kommen. Er wird uns Gutes tun.
  • In Gemeinschaft leben: So einfach kann das sein. Wir haben zwei Hände. Stellen wir uns vor, jede Hand fasst die eines anderen Menschen. Das gibt Stabilität in allen Unsicherheiten des Lebens. Und selbst wenn der Boden unter den Füßen wankt, können die beiden Hände links und rechts halten und über Abgründe hinwegheben.
  • Teilen: Ein Unterscheid zwischen einer Wasserbombe und einem Gartenschlauch ist, dass die Wasserbombe platzt, wenn zu viel Wasser eingefüllt ist, der Gartenschlauch heil bleibt, egal wieviel Wasser eingefüllt wird, denn er gibt das Wasser weiter. Der Heilige Geist verwandelt uns von einer Wasserbombe in einen Gartenschlauch. Wir müssen nicht mehr alles selbst haben, anhäufen und uns Sicherheitsspeicher bauen, um nur ja nichts zu verlieren. Wir können teilen und uns daran freuen, dass auch andere von Gottes Fülle abbekommen. Also ganz aktuell würde uns der Heilige Geist zum Beispiel von Impfneidern zu Impfgönnern verändern.
  • Wertvoll für die Umgebung sein: Die erste Gemeinde war hoch angesehen, so lesen wir den Bericht in Apostelgeschichte 2. Ein Vorbild, dem wir auch nachkommen können. Wir werden wichtig für unsere Umgebung, wenn wir dazu beitragen, dass der Alltag unserer Mitmenschen leichter wird, dass es ihnen besser geht und sie so ermutigenden Wind Gottes spüren. Das kann geschehen durch ein verständnisvolles Gespräch am Gartenzaun, durch eine helfende Hand bei Alltagsaufgaben und durch offene Ohren, wo andere gerade Ermutigung und Fürbitte brauchen. Die einfache Frage an uns selbst kann helfen: Wofür brauche ich Gemeinde? Für den Blick in den Himmel, für neue Kraft, um das Leben zu bestehen? Wofür braucht meine Bekannte Gemeinde?
Pfingsten ist ein Anfang gewesen, wie Gottes Kraft, Liebe und Bewegung Neues schafft. Wir können uns von diesem Wind bewegen lassen, Gott loben, ihm danken, mit Geschwistern des Glaubens unterwegs sein, großzügig mit unserer Habe umgeben und für andere da sein, die uns brauchen. Ein Anfang ist gemacht, auf unsere Fortsetzung kommt es an.
Cornelia Trick


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